224 alles in allen Tonarten üben?
In diesem Video geht es um das Thema: Üben in allen 12 Tonarten. Ist das sinnvoll und wenn ja, warum solltest Du das tun?
Wenn einer meiner Schüler*innen mir diese Frage stellt, soll ich alles in allen Tonarten üben, so ist meine Antwort nicht ganz so eindeutig, d.h.: kommt darauf, wieviel Zeit Du hast, und vor allem was Deine Ziele und Bedürfnisse sind.
Zu allererst muss ich an dieser Stelle sagen: selbstverständlich über wir Profi Musiker alles in allen Tonarten und auch noch vieles, was weit darüber hinaus geht. Dies gibt uns die Sicherheit, beim Improvisieren auf eine große und umfangreiche Bibliothek an Möglichkeiten zurückgreifen zu können und unser Repertoire an tonalen Ausdrucksmöglichkeiten möglichst vielfältig einsetzen zu können.
Andererseits sind die Ziele eines Hobby Musikers meist ganz andere:
- bestimmte Standards spielen können
- auf Jam Sessions einsteigen können
- an Workshops teilnehmen
Und nicht nur die Ziele unterscheiden sich hier von denen einen Profis, sondern auch die Voraussetzungen: denn beim Hobby Spieler ist zu allererst die Übezeit meist sehr eingeschränkt und darüber hinaus auch manchmal das Lerntempo etwas langsamer.
Deshalb ist es sinnvoll, auch hier die Inhalte des Übens nicht allzusehr zu verallgemeinern, sondern konkret an den Bedürfnissen auszurichten.
Sprich bei einem Hobby Musiker möchte ich die Frage des Auswendiglernens in allen 12 Tonarten ein bisschen differenzierter beantworten. Sicherlich gibt es Dinge, die jeder Saxophonspieler in allen Tonarten spielen können sollte und anderes, was auch in ausgewählten Tonarten Sinn macht.
Was sollte in allen 12 Tonarten auswendig spielbar sein? Beispiele:
- die Durtonleitern: sollte jeder in allen 12 Tonarten spielen, denn sie sind so wie das kleine 1×1. Du lernst die wichtigen Griffmuster und trainierst Deine Geläufigkeit.
- Wenn Du Dich mit Jazz und Improvisation darüber hinaus beschäftigt, sind auch die Akkordbrechung (I, III, V, VII) der geläufigsten Akkorde (Major7, Dominant 7, Moll 7) ein Pflichtprogramm.
- auch die Akkordbrechung der II V I Verbindungen solltest Du in allen 12 Tonarten spielen können. Das lässt Dich auch bei Stücken in schwierigen Tonarten entspannt bleiben.
- die Halbton Ganzton (bei Dominant 7 Akkorden) bzw. Ganzton Halbton Skala (bei verminderten Akkorden): diese beiden symmetrischen Skalen sind schnell auswendig gelernt, da aufgrund der Symmetrie auch nicht 12 Tonarten zu lernen sind, sondern lediglich 2.
Wo ist es nicht entscheidend, alles in 12 Tonarten spielen zu können?
- Bluestonleiter: hier genügt es die Bluestonleiter in den am häufigsten gespielten Tonarten zu lernen, d.h. Blues in F, Blues in Bb, Blues in C Moll
- Skalen: dorisch und mixolydisch: dies ist definitv die Kategorie “nice to have”, d.h. es ist toll, wenn Du auf jedem Ton eine dorische und eine mixolydische Skala bilden kannst. Andererseits hilft es Dir beim Improvisieren sehr viel mehr, wenn Du die entsprechenden Akkorde parat hast (Major7, Dominant 7, Moll 7), und das Akkordton Material im Zweifelsfall mit weiteren Tönen ergänzt, statt alle Skalen rauf und runter spielen zu können.
- Pattern und Licks bekannter Jazz Saxophonisten: Dies ist ein Aspekt, der häufig wie “der heilige Gral” daherkommt. Oft suggerieren einem die Profi Saxophonisten, dass das eigene Spiel nichts Wert ist, wenn nicht so und so viele Licks bekannter Saxophonisten enthalten sind. Sicherlich ist es sinnvoll, Jazz Language zu üben, und die funktioniert auf jeden Fall sehr gut durch das Kopieren der Soli der Großen Meister oder Jazz Etuden. Andererseits ist der Zeitaufwand, dieses Licks dann in allen Tonarten zu üben auch so hoch und darüber hinaus musst Du auch richtig konkret üben, an welcher Stelle der Link im entsprechenden Standard passieren soll, und die Muster auch sehr stark verinnerlichen. Ich empfehle hier immer, das Motiv oder den Lick in konkreten Stücken anzuwenden (z.B. Blues) und ihn dann in der benötigten Tonart zu üben. Du kannst den Lick auch in unterschiedlichen Stücken und Tonarten anwenden. Jedoch ist es unnötig, erstmal pauschal das Ganze in allen Tonarten zu üben, denn bei allem ist entscheidend auf dem Platz. D.h. entscheidend, dass Du in die konkrete Anwendung kommst.
Nun interessiert mich Deine Meinung: wie gut kannst auswendig lernen? Und was sind Deine größten Hürden? Schreibe dies gerne in die Kommentare.
Hier der Link zu allen im Video besprochen Skalen und Akkorden.
Video: Akkordtypen: https://youtu.be/2-Iia1PpbJw